Ithaka gab dir die schöne Reise.
Ohne Ithaka wärest du nicht aufgebrochen.
Nun hat es dir nichts mehr zu geben.
(Konstantinos Kavafis)
Mit diesen Versen eröffnete Konstantin Gemenetzis einen seiner letzten Texte – und deutete sie als Bild für unser Unterwegssein: Die Reise ist das Geschenk. Sie trägt ihren Sinn in sich, ohne Zweck, ohne Ziel, ohne „wozu“ und „warum“.
In der Nacht zum 11. August 2025 ist Konstantin Gemenetzis verstorben – ein Philosoph, Therapeut und Freund, dessen Wirken die Daseinsanalyse in Griechenland, Österreich und weit darüber hinaus geprägt hat. Geboren 1944, widmete er sein Leben der Erkundung des Menschseins in seiner Zerbrechlichkeit und Würde. Er verstand es wie nur wenige, Philosophie, Psychotherapie und Kunst – in all ihren Formen, von Musik und Film bis zu Literatur und Dichtung – aus unterschiedlichsten kulturellen Kontexten in ein eigenes, unverwechselbares Denken zu verweben.
Er war ein ganz eigener Denker, ein großer Zuhörer und einer der wenigen, die das Fragen wirklich verstanden. Für ihn war Therapie kein Reparaturversuch, sondern eine gemeinsame Suche nach einem Sein, das sich selbst sein darf – getragen von Geduld, Offenheit und Respekt vor dem Unverfügbaren.
Mit dem Österreichischen Institut für Daseinsanalyse verband ihn eine langjährige und tiefe Freundschaft. Viele Begegnungen, Vorträge und gemeinsame Projekte zeugen von einem Austausch, der bis heute lebendig ist. Seine Fragen öffneten Räume – in Gesprächen, in der Lehre, in der therapeutischen Begegnung – und schufen jene besondere Atmosphäre, in der Menschen einander wirklich begegnen können.
Wer ihm begegnete, erlebte eine stille, eindringliche Präsenz. Er hörte zu, ohne zu drängen; er sprach, ohne zu belehren. In seinen Seminaren stellte er sich nicht als Lehrer über andere, sondern trat ihnen als Begleiter gegenüber, der das Eigene im Anderen ernst nahm und ihm Raum gab, sich zu entfalten.
Konstantin Gemenetzis hinterlässt kein abgeschlossenes Werk im Sinne einer fertigen Lehre. Er hinterlässt vielmehr eine Haltung – ein Einladen zum Innehalten, zum Lauschen, zum Fragen. So wie Ithaka im Gedicht nicht Ziel, sondern Anlass für die Reise ist, so war auch sein Wirken eine Einladung, das eigene Unterwegssein zu bejahen, ohne nach einem letzten Sinn greifen zu müssen.
Wir nehmen Abschied in Dankbarkeit, tiefer Verbundenheit und stillem Respekt.